Presse
Pressemitteilung der Stadt Gotha 26.10.2007
Rosen für das Winterpalais
Mit Hilfe von über 200 Rosen haben zwei
Ärzte eine erste erquickliche Summe für die Sanierung des Winterpalais
zusammengebracht.
Dr. Beate Löwicke überbrachte gestern Oberbürgermeister
Knut Kreuch (SPD) einen Scheck über 2600 €. Dieses Geld kam bei der Eröffnung
der Praxis von Frau Dr. Löwicke und Herrn Dr. Schultz am Ekhofplatz zusammen.
"Wir haben unsere Gäste gebeten, uns keine Blumen mitzubringen, sondern gegen
eine Spendefür das Winterpalais Rosen von uns mitzunehmen. Es ist uns wichtig,
dass dieses Haus gerettet wird. Das Palais liegt in unserer unmittelbaren
Nachbarschaft" sagte Dr. Löwicke.
Das Winterpalais zu Gotha, ehemaliges Wohnhaus der Gothaer
Herzogsfamilie und Aufenthaltsort von Queen Victoria sowie ihres Ehemannes
Prinzgemahl Albert von Sachsen-Coburg und Gotha ist eines der besonders
wertvollen Gebäude der Stadt. Direkt am Rande des Gothaer Schlossparks, neben
der Orangerie gelegen, gehört das stark sanierungsbedürftige Haus zum
herzoglichen Bauerbe Gothas.
Durch die Entschlusskraft des Stadtrates zu Gotha und den spontanen Einsatz von
50.000 € Haushaltsmitteln konnte der Einsturz des Gebäudes verhindert werden.
Die Stadtverwaltung gab eine erste Planung für eine neue Stadtbibliothek in den
Räumen in Auftrag. In den nächsten Monaten wird in den Ausschüssen des
Stadtrates über den Weg dorthin beraten. Insgesamt sind mehr als drei Millionen € notwendig, um das
Palais der Nachwelt zu erhalten. Knut Kreuch sähe am liebsten den
Sanierungsbeginn 2009.
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Gothaer Allgemeine 12.09.2007
Rangliste für die Denkmalarbeit
(...) Kreuch hat die Projekte der Stadt Gotha in der
Denkmalarbeit klar definiert: An erster Stelle steht das Residenzstadtbad,
gefolgt vom Museum der Natur bzw. Herzöglichem Museum, dem Winterpalais, dem
Hofgärtnerhaus am Park und schließlich dem Bahnhof. (...)
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Thüringer Allgemeine 02.07.2007
Der Sturm auf das Winterpalais
Erfurter Fachhochschüler kommen einem bedrohten Gothaer
Architekturensemble zu Hilfe
Seit der Erfurter Architekt Elmar Nolte sich vehement für
den Erhalt des vom Abriss bedrohten Gothaer Winterpalais (1790) einsetzt, ist
der Barockbau an der Friedrichsstraße im Gespräch. Englands Thronfolger Prinz
Charles weiß ebenso von den Bemühungen um das Bauwerk wie Studenten der Erfurter
Fachhochschule.
Im Fachbereich Architektur, in dem sich die Studierenden u.
a. kreativ mit einer möglichen Zukunft der Defensionskaserne oder dem
Eiermannbau von Apolda auseinandersetzen, widmen sich nun Kommilitonen des
sechsten Semesters unter Leitung ihres Professors Michael Mann dem Winterpalais
neben der Orangerie. Der auch als freier Architekt in Erfurt tätige
Wissenschaftler erläuterte gegenüber dieser Zeitung: "Aufgabe der Sudenten ist
es, sich in Entwürfen und Modellen mit diesem Bau als künftige Stadtbibliothek
sowie den angrenzenden Freiflächen zum Park hin zu befassen. Dabei sollte der
denkmalgeschützte Altbau durch einen entlastenden Neubau ergänzt werden." Schon
die frühen Konzepte im Maßstab 1:200 sowie kleine Pappmodelle geben Nolte gar
vielfältig recht: Hier kann sehr wohl ein klassischer Schlossbau saniert und
muss keineswegs mehr abgerissen werden, wie einoffensichtlich eiliges
Fachgutachten vorschlug.
Nun soll also dort, wo sich 1845 Prinz Albert von
Sachsen-Coburg-Gotha, dessen Gattin und Queen Victoria sowie Herzogin Caroline
von Sachsen-Gotha Altenburg begegneten, eine benutzerfreundliche wie attraktive
Stadtbibliothek einziehen. Kürzlich war dieses Areal mit Planen abgedeckt,
hinter denen Handwerker das Dach und die Fassade notsicherten. Freilich: Ein
desolater Seitenflügel musste weichen. Geht es etwa nach der Studentin Anna Lena
Burkert, dann erhält die künftige Bibliothek einen sich auf der Wasserfläche
spiegelnden Magazinraum aus Stahlbeton in Höhe der Traufzone des Palais und wird
der bisherige Zugang zum Philosophenweg geschlossen. Hingegen stellt sich Nadin
Hasel einen riegelartigen Glasbau aus Stahlbeton samt Café mit aufschiebbarer
überdachter Terrasse vor. Während Thorsten Gewandt einen Stahlskelettbau mit
angrenzenden Hofgarten sowie dem Hauptzugang vom Ekhofplatz für das neue Magazin
vorschlägt. Zudem empfiehlt er einen separaten Eingang für die mögliche
Ausstellungsgalerie von der Friedrichsstraße aus. Stefan Greiner wiederum würde
einen Teil des Altbaus zum Philosophenweg wegreißen und dort einen relativ
geschlossenen und nur nach einer Seite geöffneten Anbau angliedern, der die
Sonnenenergie nutzt. Auf besonderes Interesse ihres Professors stießen Alexander
Schunkes Glasfuge, Achim Kleins Tiefenmagazin mit versenkbaren Dächern oder
Stephanie Zichardts Lesepavillon über dem Tiefenmagazin.
Nachdem die Diplomanden noch einmal ihre Ideen samt
Grünraumkonzept überarbeitet haben werden, stellen sie sie am am 4. Juli ihre
Endresultate vor und im Oktober sollen die Modelle auch in Gotha ausgestellt
werden. Michael Mann: Wichtig ist uns vor allem, das das Gothaer Winterpalais im
Gespräch bleibt und künftig niemand mehr auf den Gedanken kommt, das
historische Ensemble abreißen zu wollen. (Wolfgang Leissling)
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Gothaer Allgemeine, 5./6.04.2007
Sicherung des Winterpalais hat begonnen
Mit noch verwertbaren Ziegeln wird das Dach des Gothaer
Winterpalais repariert. Die Schlote werden abgetragen und alle Löcher
dichtgemacht. Zudem soll das Mauerwerk an der Fassade durch Reparaturen an der
Entwässerung geschützt werden. Bis Ende Mai werden die Sicherungsarbeiten
dauern, die notwendig sind, damit das stark geschädigte Gebäude gerettet werden
kann.
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TLZ Zeitung für Gotha, 04.04.2007
Freundeskreis in Gründung
Ein Freundeskreis für das Winterpalais befindet sich
derzeit in Gründung. Ziel ist es, Freunde zu finden, die sich für das Haus
einsetzen und dieses mit Spenden unterstützen (tlz).
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TLZ Zeitung für Gotha, 03.04.2007
Dienerflügel am
Winterpalais abgerissen
Gerüste kündigen an, am Winterpalais
tut sich etwas. Grund dafür ist, dass das undichte Dach des Winterpalais
gesichert werden soll. Wie Stadtplanungsamtleiter Roland Adlich bestätigte,
sollen Sicherungsarbeiten am Dach und Gebäude vorgenommen werden, um dem Verfall
vorzubeugen. Die Stadt hat sich vor geraumer Zeit dazu bekannt, das Winterpalais
zu behalten. Jahrelange Versuche, das Objekt an Investoren zu veräußern, waren
fehlgeschlagen. Für die Dachsanierung wurden im Haushalt 50 000 € eingestellt.
Derzeit sind Bauarbeiter dabei, den einstigen Dienerflügel abzureißen. Die dort
abgenommenen Dachziegel werden für den vorderen Teil verwendet, um hier "Löcher"
zu stopfen, erklärt Adlich. Der Amtsleiter geht davon aus, dass das Winterpalais
2008 saniert wird. Ist dies geschehen, dann soll vorerst die Stadtbibliothek
dort einziehen. Die Stiftung Schlösser und Gärten plant eine Sanierung des
Gesamtkomplexes Orangerie (tlz/cm).
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Gothaer Allgemeine, 24.03.2007
Sicherung beginnt am Winterpalais
Das Winterpalais in Gotha an der Friedrichstraße soll gerettet werden. Deshalb
haben jetzt Sicherungsarbeiten begonnen. Der Dienerflügel, der später abgerissen
werden soll, wurde eingerüstet, um zunächst von dort Ziegeln zu bergen. Dieses
Material wird dann für Reparaturen am Dach des Hauptgebäudes verwendet, kündigte
Gothas Bürgermeister und Baudezernent Werner Kukulenz (CDU) an. Die Schlote
werden abgetragen und alle Löcher im Dach dicht gemacht, sagte er. Zudem soll
das Mauerwerk an der Fassade durch Reparaturen an der Entwässerung geschützt
werden. Bis Ende Mai werden die Sicherungsarbeiten dauern, so Kukulenz.
Gutachten, die der Denkmalschutzbehörde vorliegen, sagen aus, dass die
Bausubstanz zu 70 Prozent beschädigt ist. Wenn durch die Sicherungsarbeiten nun
verhindert wird, dass weiter Nässe eindringt, kann das Gebäude gerettet werden.
Der Erfurter Architekt Elmar Nolte macht sich dafür stark, hat der Stadt
kostenlos ein Konzept erarbeitet. Perspektivisch könne das Gebäude nach
erfolgter Sanierung ( die etwa drei Millionen Euro kosten würde (, für die
Stadtbibliothek Heinrich Heine, die jetzt in einem Orangeriehaus untergebracht
ist, genutzt werden (ck).
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Gothaer Allgemeine,
09.02.2007
Gothaer Winterpalais - ehrgeiziges Projekt
Seit zwölf Jahren gammelt das historische Winterpalais vor sich hin. Alle
Verkaufsabsichten scheiterten. Erstmals gibt es ein hoffnungsvolles Konzept.
Doch die Stadt muss es wollen. Der erste Schnee dieses Jahres überdeckte gestern
das marode Dach des Winterpalais. Was schön aussieht, ist gefährlich. Nässe
dringt ein, setzt dem geschundenen Bauwerk noch mehr zu. Gutachten, die der
Denkmalschutzbehörde vorliegen, sagen aus, dass die Bausubstanz zu
70 % beschädigt ist. Das Haus ist zu retten, mit
Schäden durch Hausschwamm habe man es bei alten Gebäuden fast immer zu tun,
wichtig sei jetzt, das weitere Eindringen von Nässe vor allem durch das kaputte
Dach zu verhindern, meint der Erfurter Architekt Elmar Nolte, der Anfang Februar
der Gothaer Bauverwaltung ein Konzept auf den Tisch gelegt hat - zum Nulltarif.
Seine Idee, nach einer Sanierung des im
18. Jahrhundert
erbauten Gebäudes darin künftig die Stadtbibliothek "Heinrich Heine" gemeinsam
mit der Kinderbibliothek unterzubringen, sie mit weiteren Angeboten inhaltlich
gar zu einem kommunalen Medienzentrum auszubauen, findet Befürworter.
Oberbürgermeister Knut Kreuch (SPD) machte diese Variante bereits öffentlich,
die stellvertretende Leiterin der Heine-Bibliothek, Christine Pätzold, begrüßt
diesen Vorschlag, denn man sei schon lange auf der Suche nach adäquaten Räumen
zur Orangerie: "Wir würden gern unsere Ideen einbringen." Von städtischer Seite
wird allerdings immer betont: Erst müsse ein schlüssiges Nutzungskonzept her,
dann könne über Geld nachgedacht werden. Aus Noltes Sicht ein falscher Ansatz:
"Schauen sie sich andere Kulturdenkmäler an, die erhalten werden, auch wenn es
primär keine Nutzung gibt. Sonst müssten etliche Kirchen schon abgerissen sein.
"Positiver Nebeneffekt der neuen Pläne: Der Nordflügel der Orangerie würde mit
dem Auszug der Bibliothek frei und der gesamte Orangeriekomplex nutzbar für die
Unterbringung von Pflanzen, für kulturelle Zwecke und eventuell Gastronomie.
Generell sinnvoll erscheint das auch der Thüringer Stiftung Schlösser und
Gärten, in deren Besitz sich die Orangerie befindet. Finanziell von ihr zu
leisten ist eine Sanierung des zweiten Flügels in absehbarer Zeit allerdings
nicht. "Es eilt ja nicht, wenn die Bausubstanz des Winterpalais erst einmal
gesichert ist, kann man weitere Schritt auch in zehn Jahren gehen", so Elmar
Nolte. Dozenten und Studenten der Fachhochschule Erfurt und der Gothaer
Bauschule konnte er für ein "Projekt Winterpalais" im kommenden Semester
begeistern. "Dies ist jetzt möglich, weil das Palais begehbar ist, Stützen
wurden eingebaut, die statische Sicherheit ist gegeben", so Architekt Nolte. Aus
seiner Sicht müsste das Dach schnellstens repariert werden. Man könnte von dem
nicht mehr benötigten zweiten Anbau die Ziegel nehmen und das Dach des
Hauptgebäudes ausbessern.
50 000
Euro will die Stadt für die Sicherung des Winterpalais ausgeben. Die Sanierung
würde rund drei Millionen Euro kosten, bei
60-prozentiger
Förderung bliebe ein städtischer Anteil von 1,2 Millionen Euro. In der
Perspektive würde die Stadt die Mietkosten für die Bibliothek sparen. Schaffen
Stadtverwaltung und Stadtrat nach zwölf Jahren Stillstand beim Winterpalais ein
Umdenken? Sehen sie die öffentliche Debatte als Chance, als Impulsgeber, nicht
als Bedrängung? Gothas Chef-Denkmalpflegerin Sigrid Lehniger kann noch nicht
abschätzen, in welche Richtung es geht. "Die Zeit haben wir gegen uns, der
Gebäudezustand wird nicht besser. Das Winterpalais zu erhalten, wenn auch nahezu
als Kopie - es wäre traumhaft." (Vera Dähnert)
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Gothaer Allgemeine,
07.02.2007
Sorgenkinder im Blickfeld
Der Verein für Stadtgeschichte und Altstadterhaltung Gotha blickte jetzt
gemeinsam mit seinen Mitgliedern auf das Veranstaltungsjahr
2006 zurück und diskutierte aktuelle Probleme.
Fast die Hälfte der insgesamt
64 Vereinsmitglieder fand zur
Mitgliederversammlung den Weg ins Hotel zur Waldbahn".(...) Die Zusammenarbeit
mit der Stadtverwaltung konnte als durchweg positiv eingeschätzt werden. So ist
der Verein sowohl im Denkmalbeirat als auch im Kulturbeirat vertreten und wird
zu stadtgeschichtlichen und denkmalpflegerischen Fragen zu Rate gezogen. Dazu
zählt unter anderem auch das Winterpalais. Der Altstadtverein könne sich rühmen,
zumindest im Hintergrund mit zu dem stattgefundenen Meinungsumschwung
beigetragen zu haben, so Wenzel. Dies sei vor allem dem neuen Vereinsmitglied
Elmar Nolte aus Erfurt zu danken, der sich seit Monaten mit großem persönlichem
Engagement für den Erhalt des angeblich unrettbar verlorenen Gebäudes einsetzt.
(tlz/mwe)
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Gothaer Allgemeine,
05.02.2007
Kontakt zu den Grünen in
England - Spenden Aufruf zum Erhalt des Winterpalais - Gemälde in
Schloss Windsor zeigt Gebäude
Was bürgerschaftliches Engagement in Gotha bewirken kann,
zeigt die bald beginnende Sanierung der Orangerie. Immer mehr Stimmen werden
laut, auch dem Winterpalais Aufmerksamkeit zu widmen. Der Kreisverband Bündnis
90/Die Grünen, der in der Vergangenheit den
Erhalt des Winterpalais forderte und die von der Stadt vollzogene Abkehr von
dessen Abrissplänen deshalb um so mehr begrüßt hat, hat sich nun an den
Oberbürgermeister Knut Kreuch (SPD) mit der Bitte gewandt, einen Spendenaufruf
zum Erhalt des Gebäudes zu initiieren. "In Anbetracht des katastrophalen
baulichen Zustande, indem sich das Palais befindet und der zu erwartenden hohen
Sanierungskosten halten wir eine solche Maßname für ein geeignetes Instrument,
die Öffentlichkeit wirkungsvoll zu mobilisieren", so Grünen-Sprecher Albrecht
Loth. Damit könnte ein weiterer Impuls für den Erhalt dieses für das Gothaer
Stadtbild und die dazugehörige Residenzstadtarchitektur unverzichtbaren Gebäudes
gegeben werden. Als Verpflichtung sollte auch der Umstand gesehen werden, dass
ein in Schloss Windsor hängendes Gemälde des Winterpalais dessen Stellenwert für
das englische Königshaus mit seinen Gothaer Wurzeln eindrucksvoll symbolisiert,
meint Loth Die damit hoffentlich angestoßene Bündelung aller sich für den Erhalt
des Palais engagierten Kräfte sei nicht nur dringend notwendig, sondern könne
auch erfolgreich sein, wie das Beispiel Orangerie eindrucksvoll beweis.
Angesichts der engen geschichtlichen Verbindungen zwischen Gotha und
Großbritannien will der Kreisverband diese Gelegenheit gleichzeitig nutzen, mit
den englischen Grünen in Kontakt zu treten, um von ihnen bei passender
Gelegenheit Vertreter auch in Gotha begrüßen zu können.
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Thüringer Allgemeine,
12.01.2007
Gothaer Winterpalais: Aufbau statt Abriss
Endlich einmal eine gute
Denkmalschutz-Nachricht: Sie gilt dem
1828
als Witwensitz fertig gestellten Winterpalais in der Gothaer Friedrichstraße.
Die Pläne des Stadtrats, die auf den Abriss des seit
1990
leer stehenden Gebäudes (TA berichtete) zielten, sind vom Tisch. Stattdessen
gibt es nun Überlegungen, dass hier einmal die Stadtbibliothek einziehen könnte.
Doch zuvor sind Notsicherungen vom Dach bis zu den Zimmerdecken vordringlich.
Dass man in Gotha wieder Hoffnung schöpfen darf,
ist vor allem dem Architekten und Stadtplaner Elmar Nolte zu danken. Der
Warburger lebt seit
1994
mit Familie in Erfurt, war immer wieder an diesem Ensemble vorbeigefahren und
las eines Tages in dieser Zeitung, dass dem Palais das Aus drohte. "Ich bin ein
Sanierer, kein Abreißer und verstehe nicht, dass man solch ein Haus über die
Jahre verfallen lässt, da es doch Möglichkeiten gibt, es zu erhalten",
bekräftigte er gegenüber TA. Spontan mobilisierte der Denkmalpfleger erfahrene
Partner vom Gothaer Altstadtverein bis zum Vorsitzenden der Deutschen
Burgenvereinigung. Derweil wandelten sich im Gothaer Rathaus mit dem Einzug des
schon in Wechmar historisch so agilen Knut Kreuch als Oberbürgermeister die
Auffassungen über dieses Palais. Eine Bürgerinitiative ward gegründet und eine
Internetseite erstellt, auf der sich jeder noch so kleine Schritt zum Erhalt des
Gebäudes nachvollziehen lässt. Nolte: "Man muss sich an die Öffentlichkeit
wenden, sollte auch manche allzu vorsichtigen Fachgutachten hinterfragen und
sich in den Fördermöglichkeiten der Denkmalpflege kundig machen." Gab es doch
2002
ein holzschutz- und bautechnisches Dossier, dass die Gebäudesubstanz wegen des
andauernden Leerstands sowie des "Befalls von holzzerstörenden pflanzlichen
(Pilzbefall) und tierischen (Insekten) Organismen" zu
80
Prozent als geschädigt einstufte und für einen "unvermeidlichen" Abriss
plädierte. Vorangegangene Sicherungsmaßnahmen am Mauerwerk konnten den Verfall
nicht verhindern, und Versuche, für die Immobilie einen Investor zu finden,
scheiterten an den damals lebensfremden Nutzungsideen der Stadt. Man kann es
nicht oft genug betonen: Diese auf einem Haus für den Hofmarschall von
Frankenberg (1790)
fußende herrschaftliche Villa nahe der Orangerie mit einst
38
beheizbaren Zimmern,
25
Kammern und Speisesaal ist ein für Thüringen bedeutsamer Ort. Er war Wohnung der
Herzogin Caroline von Sachsen-Gotha-Altenburg, danach u. a. Staatsministerium,
Künstleratelier, Zeitungssitz und Jugendclub. Auch ist es kein Wunder, dass
Aquarelle des Palais sogar in der Royal Collection von Schloss Windsor
aufbewahrt werden. Denn Prinz Albert von Sachsen-Coburg-Gotha - der spätere
Gatte von Königin Victoria - besuchte hier wiederholt seine verwitwete Oma. Am
29.
August
1845
begrüßte jene neben Albert auch die Queen Victoria in ihrem Winterpalais.
Caroline verstarb hier
77-jährig
im Jahre
1848.
Daher betont "der Mutmacher" Elmar Nolte nicht von
ungefähr die Bindung über den Kanal als touristische Perspektive für dieses
Anwesen. Er weiß sich mit Knut Kreuch einig, der die britische Königin nur allzu
gern in Gotha begrüßen möchte - mit Abstecher im Winterpalais . . .Für den
Oberbürgermeister gilt: "Wenn wir uns vom Erbe entfernen, nehmen wir uns die
Entwicklungsmöglichkeiten für die Zukunft. Derzeit arbeiten die Stiftungen an
einem Konzept zur Kultur- und Depotsituation, und darin ist das Winterpalais mit
einbezogen. Deshalb haben wir
50 000
Euro für Sofortmaßnahmen bereitgestellt." Auch Helmut-Eberhard Paulus, der
Direktor der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten, ist über die Mühen um den
Witwensitz erfreut und kann sich "vorstellen, dass dort - befristet oder auf
Dauer - Magazin oder Depots für die Museen der Stiftung Schloss Friedenstein,
das Staatsarchiv oder die Forschungsbibliothek untergebracht werden". Denkbar
wäre das Palais ebenso als Zwischenquartier für die Perthes-Sammlung, bis das
Schloss saniert ist, oder auch der Einzug der Stadtbibliothek. Für Letztere hat
Nolte bereits die Entwürfe vorliegen, die den Bau zum attraktiven Haus des
Buches machen. Als Höhepunkt sollte für besondere Veranstaltungen ein Lesesaal
in jenem Balkonzimmer eingerichtet werden, in dem noch einige Teile der
eleganten Empiretapete verblieben sind.
Alles in allem würde die Sanierung drei Millionen
Euro kosten, Gelder, die aus verschiedenen öffentlichen Fördertöpfen, von der
Gothaer Kulturstiftung sowie von einzelnen Persönlichkeiten kommen könnten.
Nolte gibt ein gutes Beispiel, indem er
10 000
Euro an honorarfreier Architektenleistung einbringt. Der von Gotha aufzunehmende
Kredit dürfte zu verschmerzen sein, da die Stadt
30 000
Euro Miete in der Orangerie für die Bibliothek sparen kann. Ein Abriss des
Komplexes für einen originalgetreuen Neubau aber würde Gotha aller Fördermittel
für Stadtsanierung und Denkmalpflege berauben. Wenn der Stadtrat über seinen
Schatten zu springen bereit ist und das Palais möglichst bald in jene jährlich
zu erstellende Vorrangliste für Objekte aufnimmt, dann könnte das Palais schon
vor
2016
wiedererstehen. (Wolfgang Leissling)
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Rathauskurier Nr.
12/15. Jg.,
17. 12. 2006
Gedanken zum Fest der Liebe...
Zur Weihnacht schweifen unsere Blicke zurück. Wir sehen noch einmal die
Bilder des Jahres: den Fernseherfolg um die Orangerie, den Einsturz am
Winterpalais, den Gammelfleischskandal, aber auch der Straßenbau in allen
Stadtteilen, die Wirtschaftserweiterungen in Gotha-Ost. (Knut Kreuch)
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Friedenskuss, Zeitschrift der Gothaer Kulturstiftung, Dez.
2006
Kennen Sie dass weltberühmte Winterpalais?
Die Stadt Gotha sucht nach Lösungen, das Haus von Queen Viktoria, das Haus
einer glücklichen Kindheit des Prinzen Albert in Gotha zu erhalten. Helfen Sie
mit! Oberbürgermeister Knut Kreuch ist für jede Idee dankbar. - unser
Winterpalais-Telefon:
03621-222-278.
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22.11.2006
Winterpalais bald Ausstellungshalle?
Dem drohenden Abriss des Winterpalais schoben Gothas Stadträte auf ihrer
jüngsten Sitzung einen Riegel vor. Trotzdem gilt es nun zu überlegen, was aus
dem Palais werden soll. Da akute Einsturzgefahr droht, veranlasste
Oberbürgermeister Knut Kreuch (SPD) sofortige Sicherungsmaßnahmen. So rückte am
gestrigen Mittwoch eine Alperstedter Baufirma an, um mit Eisenträgern und Balken
die Decken im Inneren des Winterpalais zu stabilisieren. Des Weiteren sollen
Notreparaturen am Dach vorgenommen werden, kündigt Baudezernent Werner Kukulenz
an. Ob das im Jahre
1790 erbaute Gebäude überhaupt noch zu retten
ist, konnten weder Kreuch noch Kukulenz sagen. Fest steht, dass das Palais seit
mehr als einem Jahrzehnt vernachlässigt wurde und der Hausschwamm sich
großflächig ausgebreitet hat. Teilweise kam es im Haus bereits zu mehreren
Deckeneinstürzen, bestätigte Stadtplaner Roland Adlich. "Nach wie vor sind wir
aber bestrebt, das Haus zu erhalten, jedoch nicht um jeden Preis", sagt
Bürgermeister Werner Kukulenz. Die Ideen, ein Pflegeheim oder gar
Wohnungen hier zu etablieren, kommen weder für Kukulenz noch für OB Kreuch in
Frage. Im Gegenteil: Das Stadtoberhaupt hat andere Nutzungsvorschläge parat. So
verhandelt Kreuch derzeit mit der Schlösserstiftung und der Stiftung Schloss
Friedenstein über eine gemeinsame Nutzung, die in Richtung Ausstellungshalle in
Verbindung mit dem Bibliotheksgebäude hinausläuft. "Das Konzept muss allerdings
schlüssig sein", sagt Kreuch. In Betracht gezogen werden müsse auch, dass für
Kulturprojekte Landesfördermittel in Aussicht gestellt werden, doch nicht für
Wohnungsbau. Diese Chance gilt es zu nutzen, so Kreuch. Seine Vorstellung: Ein
zentrales Depot für die Museen zu schaffen, das von der Öffentlichkeit genutzt
werden kann. Zwar nicht jeden Tag, doch auf Anfrage könnten Besucher den
Restauratoren bei ihrer Arbeit über die Schulter schauen. "Das wäre in Thüringen
einmalig", meint der Oberbürgermeister. Im Frühjahr
2007 soll eine Entscheidung über die weitere
Zukunft des Winterpalais getroffen werden.Conny
Möller)
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Gothaer Allgemeine,
22.11.2006
Hoffnung für das
Winterpalais
Die Nachricht schockiert zunächst: Ein aktuelles Gutachten, das seit dieser
Woche vorliegt, bescheinigt dem Winterpalais einen schlechteren baulichen
Zustand als bislang geglaubt. Dennoch ist nicht mehr ausschließlich vom Abriss
des Gebäudes die Rede.
Eine dramatisch fortgeschrittene Zerstörung tragender Holzteile bescheinigt
das neue Baugutachten dem Winterpalais in der Friedrichstraße. Das
Vorgängergutachten stammt aus dem Jahr
2002, es wies schon damals auf den schlechten
Zustand der Bausubstanz hin. Vier Jahre später sprechen Fachleute von akuter
Einsturzgefahr. Dass dies nicht nur ein warnender Hinweise ist, bewiesen
abstürzende Fassadenteile vor einigen Wochen. Seit Dienstag ist der Grünstreifen
zwischen Winterpalais und Bürgersteig abgesperrt.50 000
Euro bringt die Stadt Gotha außerplanmäßig aus ihren Rücklagen auf, um das
Winterpalais notdürftig zu sichern, das teilte OB Knut Kreuch dem Stadtrat mit.
Außerdem soll das seit
15 Jahren leer stehende Haus entrümpelt werden.
Nach so viel Dramatik dann die hoffnungsvolle Nachricht. "Wir sind einem Erhalt
des Winterpalais näher als einem Abriss", so Kreuch. Die Städtebauförderung
zeige sich nicht abgeneigt, Gelder zu geben, Freistaat und Stiftung Thüringer
Schlösser und Gärten würden einen Erhalt des Gebäudes unterstützen, wenn - und
das ist Voraussetzung - die Stadt ein schlüssiges Nutzungskonzept vorlegen kann.
Die Zeiten sind vorbei, in denen betreutes Wohnen oder Altenheim die einzigen
Pläne gewesen sind. Investoren kamen und gingen. Am Ende fand sich niemand.
Unter Knut Kreuch erwachen offensichtlich andere Ideen. Er sieht für den Komplex
Winterpalais, Siebleber Wall und alte Ausstellungshalle eine "Gesamtlösung".
Mehr ist öffentlich noch nicht im Gespräch. Dass ein zu erarbeitendes
Nutzungskonzept im kulturellen Bereich angesiedelt sein könnte, wird nicht
verneint. Und was benötigt Gotha dringend? Geeignete Räume, um die einzigartige
Perthes-Sammlung endlich gebührend präsentieren und in geeigneter Form der
Wissenschaft zugänglich zu machen. Dem Land Thüringen ist ebenfalls daran
gelegen, denn es kaufte das Perthes-Archiv für Millionen Euro an, ist aber in
punkto Räumlichkeit keinen Schritt weiter gekommen.Fast schon vergessen in der
Öffentlichkeit sind die Pläne aus den Jahren
1996/97, als Stephan J. Perthes und ein
Förderverein für ihr Projekt "Museum der Erde in Gotha" warben. Ein
hochkarätiges Kolloquium "Faszination der Geografie" war eine erste
Initialzündung, es fanden sich namhafte Befürworter, Gotha als Geografiestadt zu
etablieren. Zehn Jahre später gibt es für diese Ideen vielleicht neue
Ansätze.(Vera Dähnert)
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Rathauskurier Nr.
10/15. Jg.,
22. 10. 2006
Bekanntmachung der Beschlüsse aus dem
öffentlichen Teil der Stadtratssitzung vom
13.09.2006
B
358/06: Abriss Winterpalais: Der
Oberbürgermeister wird beauftragt, alle zum Abriss de Winterpalais notwendigen
Maßnahmen einzuleiten und er informiert darüber in einer Bürgerversammlung.
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Thüringer Allgemeine,
19.10.2006
Schwarze Schafe
Wenn die Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten für heute zur Herbsttagung
nach Weimar eingeladen hat, wird vor allem über Burgen zu sprechen sein. Die
freilich gehörten bislang nicht zu jenen fünf bis
15 Denkmalen, die jährlich abgerissen werden. Das
ist ein schmerzhafter Vorgang mit vielen Ursachen. (...) Das gilt ebenso für das
Gothaer Winterpalais, das
216 Jahre lang die Stadt prägte. Der einstige
Wohnsitz Caroline von Gotha-Altenburgs und spätere Quartier von
Staatsministerium, Redaktion und Jugendclub wurde solange genutzt, bis es mit
Bauschäden leer stand. Gothas Stadtverwaltung hatte auf einen illustren Investor
gesetzt und die Realisten verprellt. Nun meinen große Teile des Stadtrats das
Problem mit einem Abriss lösen zu können. In einer von Bürgermeister Klaus Exner
unterzeichneten Vorlage heißt es: "Wenn der Abbruch durch die Stadt selbst
vorgenommen wird, kann das dann beräumte Grundstück zu einem höheren Preis
(Verkehrswert ca.
82 000 Euro) verkauft werden." Dies stützt sich
auf ein
2002 in Auftrag gegebenes holzschutz- und
bautechnisches Gutachten, nach dem "der Abriss des Winterpalais unvermeidlich"
sei. "Stimmt nicht", protestiert der Architekt Elmar Nolte. "Ich habe das Palais
vom Keller bis zum Dach erkundet und bin aufgrund meiner denkmalpflegerischen
Erfahrungen u. a. in Erfurt zu dem Ergebnis gekommen, dass noch nicht alle
Messen gelesen sind!" Das Palais sei "mit gutem Willen durchaus
sanierungsfähig". Er empfiehlt nun die Bildung eines Förderkreises, dem dann
Denkmalmittel aus Europa und dem Freistaat zugute kommen könnten. Für Sabine
Ortmann vom Landesamt für Denkmalpflege bedarf es "zur Rettung eines aktuellen
Nutzungskonzepts sowie eine Bauzustandsanalyse. Erst danach werden wir
entscheiden können." Jedoch für den Abriss benötigt die Denkmalbehörde die
Stellungnahme aus Erfurt. So hat das Winterpalais noch eine letzte Chance.
(Wolfgang Leissling)
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Gothaer Allgemeine,
13.09.2006
Winterpalais: sein Abriss rückt näher
Eine Rettung des Winterpalais ist nicht mehr in Sicht. Mit ihrem gestrigen
Beschluss läuteten die Gothaer Stadträte das Abrissgeschehen ein. Zuvor - das
konnte die Fraktion der Linkspartei wenigstens noch erreichen - soll das Dilemma
den Gothaern in einer Bürgerversammlung erklärt werden. Dem sichtlich genervten
Baudezernenten Klaus Exner (CDU) passte es überhaupt nicht, dass in den
vergangenen Tagen die Diskussion um das barocke Bauwerk derart hochgekocht war.
"Nur Schwätzer melden sich zu Wort. Von all den Hinweisen, die ich bekommen
habe, kann ich keinen einzigen gebrauchen", so Exner harsch. Er wollte zudem
klarstellen, "der Beschluss beinhaltet nicht den Abriss, sondern die
Vorbereitungen der Maßnahmen für einen Abriss". Was diese sprachliche Nuance an
dem Fakt, dass das geschichtsträchtige Gebäude von der Bildfläche verschwindet,
ändert, mögen Bürokraten verstehen; vielleicht auch Stadträte, die über Jahre
mit zu dem Ruin des Palais beigetragen haben, weil sie sich von unrealistischen
Plänen eines Spielbankhotels blenden ließen. Worin die Fehler der Vergangenheit
lagen, davon war gestern nicht mehr die Rede. Gefahr ist im Verzug, weil das
Gebäude einsturzgefährdet ist und weil sich partout kein Käufer gefunden hat -
das sind heute die Fakten. Um Unmut unter den Gothaern entgegenzuwirken, soll in
einer Bürgerversammlung über den aus Sicht der Verantwortlichen nicht
abzuwendenden Abriss gesprochen werden. Der scheidende Baudezernent Exner und
sein Nachfolger Kukulenz wollen daran teilnehmen. (Vera Dähnert)
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Frankfurter Allgemeine Zeitung,
03.08.2002
Not macht blind: Wie der Abriß von
Denkmälern Zukunft verbaut: Gotha gibt seine Standortvorteile preis
Die Zeiten sind schlecht für die ostdeutschen Baudenkmäler. Die
Wirtschaftsschwäche, die Finanznot und der Wohnungsleerstand, mit denen fast
alle Städte in den neuen Ländern zu kämpfen haben lassen den Erhalt von
Baudenkmälern zunehmend unbezahlbar erscheinen. Denkmalpfleger, die Schonung
geschützter Bauten fordern, werden zunehmend als ewiggestrige
Fortschrittsverhinderer oder realitätsferne Phantasten abgetan. Vergessen wird
bei alledem, daß mit den Denkmälern oft auch wirtschaftliche Standortvorteile
beseitigt werden. Ein drastisches Beispiel für den drohenden Verlust von
Entwicklungschancen bietet sich im thüringischen Gotha. Schon bei einem ersten
Rundgang beeindrucken die Potentiale der Stadt: Gleich hinter dem Bahnhof
beginnt das einstige Finanzviertel, in dem sich die pompösen
Neorenaissancepaläste ehemaliger Banken und Versicherungen reihen. Es folgt der
Schlossbezirk mit den barocken Schlössern Friedenstein und Friedrichsthal, der
Orangerie, dem neogotischen Marstall und dem Schlosspark, danach Bauten der
Wissenschaft wie das Naturkundemuseum und die Sternwarte vom Jahr
1789. Die Altstadt schließlich birgt das
Winterpalais, das Prinzenpalais, dazu barocke Ackerbürgerhöfe und historische
Hotels. Unübersehbar freilich ist auch die Gefahr, die diesem Gesamtdenkmal
droht. Zwar sind die beiden Schlösser gepflegt und werden etliche
Versicherungspaläste von der Thüringer Steuerfachschule genutzt und instand
gehalten. Anderswo jedoch regiert der Verfall. Der südliche Teil der Orangerie
zum Beispiel erschreckt mit zugenagelten Fenstern, das reich dekorierte barocke
"Landschaftshaus" am Markt steht seit Jahren leer, und die stolzen
Ackerbürgerhöfe der Schwabhäuser Straße sind in schaurigem Zustand. Jetzt wogt
sogar eine Abrissdiskussion um prominente Gebäude. Eines von ihnen ist das
Winterpalais, das
1822 als Wohnsitz für die Herzogin Caroline
errichtet wurde und später zum Gästehaus und Verlagshaus wurde. Seit dem Auszug
des letzten Nutzers, eines Jugendklubs, im Jahr
1992 steht das im städtischen Eigentum
befindliche Baudenkmal leer. In diesem Jahr meldete ein Investor Interesse an.
Doch wollte er das denkmalgeschützte Gebäude nicht sanieren, sondern abreißen,
um an seiner Stelle ein Altenpflegeheim zu errichten. Eine entsprechende
Bauvoranfrage wurde von der Stadtverwaltung dennoch positiv beschieden.
Mittlerweile ist es zwar ruhiger um den Investor geworden. Doch da der Verfall
des Gebäudes mittlerweile katastrophale Züge angenommen hat, könnte schon bald
akute Einsturzgefahr sein Ende besiegeln. Ähnlich ist die Situation des
Prinzenpalais, das
1776 als Wohnpalast des Herzogs errichtet wurde.
Bis zum Jahr
2000 diente das ebenfalls der Stadt gehörende
Gebäude als Jugendherberge und Jugendklubhaus. Seitdem ist es verwaist. Auch
hier stellte sich ein Investor mit Altenpflegeheim-Idee ein. Er wollte zwar den
Kernbau erhalten, dafür aber das sogenannte "Kavalierhaus", in dem die
Hofbediensteten wohnten, beseitigen. Auch dieses Vorhaben stieß auf das
Wohlwollen der Stadtverwaltung. Der Barockbau des Hotels "Volkshaus zum Mohren",
dessen Ursprünge in das Jahr
1644 zurückweichen, ist ebenfalls gefährdet. Das
Haus, in dem schon Goethe und Napoleon logierten, steht seit
1990 leer und wird nach dem Konkurs mehrerer
Besitzer zwangsverwaltet. Inzwischen haben der Verfall und eine Brandstiftung
dem Gebäude dermaßen zugesetzt, daß Gothas Baudezernent Klaus Exner auch hier
den Abriß für unvermeidlich hält. Diese Pläne sind in doppeltem Sinne
verheerend. Denn mit ihrer Umsetzung würden nicht nur wertvolle Bauten, sondern
auch Chancen verloren gehen, sind doch diese Denkmäler Träger einer
zukunftsträchtigen wissenschaftlichen und kulturellen Tradition. Vor allem
während des achtzehnten und neunzehnten Jahrhunderts, als Gotha Residenzstadt
des Herzogtums Sachsen-Coburg-Gotha war, förderten die Regenten Wissenschaft und
Kultur auf eine noch heute staunen machende fortschrittliche Weise. Sie
etablierten Bildungsstätten und Forschungseinrichtungen, installierten
1775das erste feste Theaterensemble Deutschlands,
finanzierten Forschungsreisen und Stipendien, bauten naturwissenschaftliche und
künstlerische Sammlungen sowie Bibliotheken und holten Wissenschaftler und
Künstler in die Stadt. So entwickelte Gotha sich zu einem Zentrum der
geographischen und astronomischen Forschung, des Verlagswesens und der
Finanzwirtschaft, in dem
1820 die erste Versicherung Deutschlands
gegründet wurde. Zugleich entstand eine kartographische Sammlung, die noch heute
zu den größten Europas zählt. In Gotha wurde also genau das verwirklicht, was
Stadtforscher heute zur Stärkung der Städte fordern: die Etablierung einer
innovativen Wissensgesellschaft. Heute hätte Gotha dank seiner erhaltenen
Baustrukturen und Kulturschätze beste Chancen, sich zum Magneten für Kultur,
Wissenschaft und Wirtschaft zu entwickeln. Doch solange Kürzungen, Finanznöte
und Sparprogramme die Politik bestimmen, wird die Entwicklung weiterhin diese
Schätze ignorieren und Perspektivlosigkeit um sich greifen lassen. (Matthias
Grünzig)
____________
TLZ Zeitung
für Gotha,
13. und
20.07.2002
Die Geschichte des Winterpalais in der
Friedrichstraße 2
Das so genannte Winterpalais ist bekanntlich jüngst erneut
in die Schlagzeilen geraten. Leider ging es nicht um einen endlich gefundenen
Investor, der diesen geschichtsträchtigen Gebäudekomplex denkmalgerecht sanieren
will, sondern um den drohenden Abriss und damit unwiederbringlichen Verlust
eines weiteren Stückes der Gothaer Residenzgeschichte. Aus diesem Grund soll die
mehr als
200-jährige Geschichte dieser einst
herrschaftlichen Villa im Mittelpunkt der heutigen Betrachtung stehen.
Wer das genaue Baujahr erfahren will, findet in der
Zeittafel des Gotha-Buches von Kurt Schmidt folgenden Eintrag unter der
Jahreszahl
1828: Bau der Straße nach Reinhardsbrunn und des
sog. „Winterpalais“. Die klassizistische Fassade scheint dies zu bestätigen.
Andererseits suggeriert das Wort Bau einen scheinbaren Neubau. Dabei hatte das
Gebäude damals schon eine beinahe vierzigjährige Vorgeschichte. Dass die
Baugeschichte inzwischen nahezu lückenlos vorliegt ist vor allem den
Nachforschungen des Gothaer Diplomrestaurators Stephan Keilwerth zu danken, der
offiziell mit der Bestandsaufnahme beauftragt worden war und die Ergebnisse
seiner Arbeit in einem mehr als
200-seitigen Gutachten zusammenstellte.
Danach hängen die Ursprünge dieses Gebäudes eng mit dem Bau
der Orangerie zusammen, der
1747 durch den Oberlandbaumeister Gottfried
Heinrich Krohne (1703-1756)
begonnen, jedoch erst
1774 durch den Herzoglichen Baumeister Johann
David Weidner (1721-1784)
beendet wurde. Dazu gehörte auch das
1773 vollendete Haus des Hofgärtners in der
jetzigen Friedrichstraße 4. Auch damals muss es schon einige Gebäude in der
Nachbarschaft gegeben haben, die wohl mit dem in unmittelbarer Nähe verlaufenden
Siebleber Wall der Stadtbefestigung in Verbindung gestanden haben. Anstelle des
heutigen Rathauses II stand seinerzeit noch das Siebleber Stadttor.
Als erster Eigentümer des Anwesens wird
1790 der Hofmarschall von Frankenberg erwähnt.
Bei diesem handelte es sich nicht um den „Minister dreier Herzöge“ Sylvius von
Frankenberg (1728-1815),
der bereits als Besitzer des späteren Gustav-Freytag-Hauses in Siebleben in
dieser Reihe vorgestellt worden war, sondern um dessen Cousin Eberhard Sylvius
von Frankenberg. Dieser wurde am
14. Dezember
1731 in Ludwigsburg geboren und war zunächst
Herzoglich Württembergischer Kammerherr.
1760 wurde er Kammerrat im Gothaer
Kammerkollegium, bekam
1765 die Aufsicht über das Herzogliche Bauwesen
übertragen, wurde
1767 zum Oberschenk ernannt und besorgte seit
1768 zusätzlich die Saalfeldischen
Bergwerksangelegenheiten.
1770 wurde er Hofmarschall und schließlich
1788 Nachfolger des verstorbenen
Oberhofmarschalls Hans Adam von Studnitz. In dieser gehobenen Position sah sich
der beinahe
60-Jährige nach einem Alterssitz um und seine
Wahl fiel auf das bereits beschriebene Terrain. In der Modellkammer des
Schlossmuseums ist glücklicherweise das abgebildete Modell aus dieser Zeit
erhalten geblieben. Es zeigt neben dem Hofgärtnerhaus (links) das Anwesen des
1795 zum Oberhofmarschall ernannten Eberhard von
Frankenberg. Rechts ist bereits der zukünftige Mittelteil des Winterpalais mit
etwas Fantasie erkennbar.
Frankenberg war mit Sophie Josepha (1754-1812),
einer geborenen Reichsgräfin von Loeser, verheiratet. Die Ehe war offensichtlich
kinderlos geblieben, so dass das Anwesen nach dem am 2. Oktober
1797 erfolgten Tod des Oberhofmarschalls in
anderen Besitz übergegangen ist. Die weitere Geschichte schilderte
1824 der zu Unrecht nur als „zerstreuter
Professor“ berühmt gewordene Johann Georg August Galletti (1750-1828)
in seinem fünften Teil der „Geschichte und Beschreibung des Herzogthums Gotha“
wie folgt:
„Das ehemals an das Siebleber Thor anstoßende, von dem
Oberhofmarschall von Franckenberg gebaute Haus stellt sich jetzt sehr vergrößert
dar. Erst wurde zu der Zeit, als es die Kurfürstin von Hessen-Kassel, die Frau
Mutter Ihro Hoheit der verwittweten Frau Herzogin (1806-1813)
bewohnte, das zwischen demselben und der Wohnung des Hofgärtners befindliche
kleine Haus (siehe Modell) zu seiner Erweiterung benutzt. Seit dem Tode des
Herzogs August ist aber noch ein neuer Bau mit demselben in Verbindung gebracht
worden, um ihm eine seiner jetzigen Bestimmung, der Herzogin Hoheit zum
Winteraufenthalt zu dienen, angemessenere Einrichtung zu geben.“
Mit der Herzoginwitwe war die am
11. Juli
1771 in Hanau geborene zweite Tochter des
Landgrafen Wilhelm IX. (seit
1803 Kurfürst Wilhelm I.) von Hessen-Kassel (1743-1821)
gemeint. Ihre Mutter Wilhelmine Caroline (1747-1820)
war eine Tochter des dänischen Königs Friedrich V. (1723-1766)
und Louise (1724-1751),
die wiederum eine Tochter des englischen Königs Georg II. (1683-1760)
war. Am
24. April
1802 wurde Caroline Amalie die zweite Gemahlin
des Erbprinzen, der seit
1804 als Herzog August von
Sachsen-Gotha-Altenburg regierte. Dessen erste Gattin Luise Charlotte aus dem
Hause Mecklenburg-Schwerin war
1801
22-jährig unmittelbar nach der Geburt der
einzigen Tochter Louise gestorben.
Da Carolines Ehe kinderlos blieb, gab sie all ihre Liebe
ihrer Stieftochter, die sie zum Teil sogar selbst erzogen hat. Mit ihrem
sonderbaren, verschwenderischen und offensichtlich homosexuellen Gatten gab es
keinerlei Berührungspunkte in den Lebensanschauungen. Frühzeitig entwickelte sie
deshalb einen großen Wohltätigkeitssinn. Die durch die Napoleonischen Kriege
hervorgerufenen Notzeiten boten reichlich Gelegenheit für Spenden.
Nach Louises Hochzeit (1817)
mit dem Herzog Ernst III. (1784-1844)
von Sachsen-Coburg-Saalfeld (seit
1826 Ernst I. von Sachsen-Coburg und Gotha) und
dem Tode des Gatten (1822) wurde sie eine wahre
„Mutter der Notleidenden und Armen“. Sie begründete
1824 die seit
1828 nach ihr benannte Karolinenschule, in der
unbemittelte Töchter nach der Konfirmation unterrichtet wurden, um später als
Dienstboten arbeiten zu können. Die Karolinenstiftung gewährte jährlich
438 Mark für Armenzwecke und
300 Mark als Stipendien für Gymnasiasten.
Doch zurück zum Winterpalais: Da Carolines Eltern „in Folge
der Invasion der französischen Heere in das Kurfürstenthum im Jahre
1806 das angestammte Land auf einige Jahre
verlassen mussten, bis die Restauration des Kurfürsten i. J.
1813 erfolgte“, zogen sie zu ihrer Tochter nach
Gotha und bewohnten den beschriebenen Vorgängerbau. Als Caroline zwischen
1820 und
1822 Mutter, Vater und Gatten verlor, war es
höchstwahrscheinlich ihr eigener Wunsch, den vertrauten einstigen Wohnsitz ihrer
Eltern zu ihrem Witwensitz ausbauen zu lassen.
Gallettis Beschreibung deckt sich somit mit dem „unterthänigen
Bericht“ des Hofbauamts „betreffend den Anbau an das vormals von der Churfürstin
von Hessen, Königl. Hoheit, bewohnte Haus an der Siebleber Barriere und dessen
Einrichtung zum Wohngelaß der verwittweten Frau Herzogin Hoheit“ vom 8. August
1822. Um
38 anstelle der vorhandenen
24 beheizbaren Zimmer zu erhalten, machte sich
ein umfangreicher Erweiterungsbau erforderlich. Ein Leben auf der Baustelle
blieb der Witwe sicherlich erspart, denn im Sommer bewohnte sie das nahe
gelegene Schloss Friedrichsthal. Bis
1826 erhielt somit das schnell als Witwen- oder
Winterpalais bezeichnete Gebäude sein heutiges Aussehen mit der schlichten
klassizistischen Fassade und dem Mansardendach.
Hier verbrachte die Herzoginwitwe nun ihren Lebensabend.
Dieser brachte sowohl Freud als auch Leid mit sich. So bereitete ihr die
Scheidung der geliebten Stieftochter (1826) und
ihr früher Tod im Jahre
1831 tiefen Schmerz. Desto inniger liebte sie
deren Söhne Ernst (1818-1893)
und Albert (1819-1861),
die wiederholt bei ihr zu Besuch weilten. Unmittelbar vor der Hochzeit mit der
Königin Victoria von Großbritannien im Jahre
1840 schrieb ihr Albert einige dankbare Zeilen,
und der Besuch des Königspaares in Gotha vom
29. August bis 3. September
1845 galt zunächst ihr. Die „Gothaische Zeitung“
schrieb darüber: „Der Einzug war eben so festlich als rührend, denn jeder
Gothaner freute sich herzinnig des Glückes, dessen die hochverehrte edle
Fürstin, die verwittwete Herzogin Carolina Amalia theilhaftig werden sollte, die
erhabene Gemahlin Ihres heißgeliebten Enkels, des Prinzen Albrecht, in ihre
mütterliche Arme zu schließen.“
Herzog Ernst II. (seit
1844) sagte später über seine Stiefgroßmutter:
„Sie besaß in ihrem langen Leben kaum einen Feind und genoß bis an ihren Tod
(...) eine wahrhaft seltene Verehrung.“ Ein anderer Zeitgenosse schrieb sehr
zutreffend: „Sie war, was sie sein sollte, eine Fürstin: treu, ehrlich und von
einer Wohltätigkeit, die aus dem Herzen kam.“ Es ist deshalb nicht
verwunderlich, dass der Platz neben dem Winterpalais schon zu ihren Lebzeiten
ihren Namen erhielt. Außerdem hieß die spätere Friedrich-Jacobs-Straße auf dem
Stadtplan von
1847 noch Carolinenstraße.
Am
22. Februar
1848 stand in der „Privilegirten Gothaischen
Zeitung“ Folgendes: „Als am
14. des gegenwärtigen Monats Ihre Hoheit die
verwittwete Herzogin v. S. Gotha und Altenburg von einem Brustleiden befallen
wurde, hegten wir nur eine geringe Besorgniß, daß sie recht bald und glücklich
beseitigt werden würde. Um so empfindlicher ist der Schmerz, um so tiefer die
Trauer, daß so bald, so allzu früh die verstorbene Fürstin aus unserer Mitte
geschieden ist. Ihre Hoheit endete ihr irdisches Dasein heute Nachmittag nach 2
Uhr.“
Die im
77. Lebensjahr stehende Caroline beendete ihr
Leben im Winterpalais. „Was sie für unser Land war, glauben wir mit der von
Aller Munde ausgesprochenen Ueberzeugung beweisen zu können, daß sie während der
46 Jahre ihres Hierseyns in der Beförderung und
beharrlichen Fortführung nützlicher und wohlthätiger Unternehmungen, in steter
Uebung unzähliger, allgemein und noch besonders gespendeter, Wohlthaten ihre
Freude fand“, hieß es in einem der Nachrufe. „Die erhabene Verewigte hatte
gewünscht, ohne Gepränge zu Grabe geleitet zu werden. Als sich heute ihre Zimmer
noch einmal füllten, lag die Höchstselige noch im offnen Sarge, unter dem
Baldachin, unter Kränzen und Blumen, in dem rings mit Blumen geschmückten Saale,
wie gestern, als der Zutritt zu Ihr Allen, die Sie sehen wollten, noch einmal
gestattet war.“
Am
27. Februar – dem darauffolgenden Sonntag – wurde
Caroline als letztes Mitglied der herzoglichen Familie auf der Insel im Park
beigesetzt. Dort ruhten bereits ihr Schwiegervater Ernst II. (1745-1804)
und dessen vier Söhne. „Bei’m Eintritt durch das Hauptthor des Parks ließ sich
die Melodie eines Chorals fernher vernehmen. An der nach der Insel geschlagenen
Brücke ward der Sarg abgehoben und in die Gruft gebracht, in welcher der
Leichnam des Herzogs August, des Gemahls Ihro Hoheit, seit
26 Jahren ruht.“
1848 war nicht nur das Todesjahr der
Herzoginwitwe, sondern auch das Jahr der Bürgerlich-demokratischen Revolution in
ganz Deutschland. Beide Ereignisse hatten unmittelbare Folgen für das weitere
Schicksal des Winterpalais.
Zwei junge Gothaer Künstler, der Maler Ernst Jenichen (1822-1874)
und der Bildhauer Eduard Wolfgang (1825-1874),
schienen nur darauf gewartet zu haben, sich in dem verwaisten Gebäude
einzumieten. Ihre Freude währte jedoch nicht lang, denn schon bald mussten sie
„die ihnen überwiesenen Ateliers im Herzogl. Winterpalais“ auf „Allerhöchsten
Befehl“ des Herzogs bis zum 1. September bzw. 1. Oktober
1850 räumen. Dies betraf auch die Wohnung von
Amelie von Wangenheim (1797-1878),
die als Staatsdame zum Hofstaat der Herzogin Alexandrine (1820-1904)
gehörte.
Am
20. November
1850 ordnete Herzog Ernst II. (1818-1893)
an, „in dem Winter-Palais zu Gotha die Mansarden-Zimmer, welche Unserem
Staats-Minister von Seebach zur wohnlichen Benutzung mit überlassen worden sind,
(...) unverzüglich mit Vorfenstern“ zu versehen. Mit Camillo Freiherr von
Seebach (1808-1894)
zog der war am 1. Dezember
1849 zum Staatsminister der beiden Herzogtümer
Coburg und Gotha berufen worden.
Auch ihm blieb es nicht erspart, einige Zeit auf einer
Baustelle zu leben. Dafür wurde sein Arbeitsplatz praktischerweise im Hause
geschaffen. Laut Akte über „die Einrichtung des sog. Winterpalais allhier zum
Ministerial-Gebäude“ kostete diese Maßnahme rund
371 Reichtaler „für Anschaffung der
nothwendigsten Utensilien zum Geschäftsgebrauche“ und
807 Reichstaler „an Baukosten überhaupt“. Am 7.
Juni
1851 hatte die Abgeordnetenversammlung diese
Gelder aus Mitteln der Staatskasse bewilligt.
1855 veranlasste der Herzog die Neueindeckung des
Winterpalais mit Schiefer sowie
1856, „daß im Ministerialgebäude in Gotha in dem
zum Waschen bestimmten Raum ein Fußboden von Backsteinen gelegt und dafür die
veranschlagte Summe von Zehn Thalern verausgabt werde“. Mit der Ende
1858 in Gotha eingeführten straßenweisen
Nummerierung erhielt das „Herzogliche Ministerialgebäude“, das bisher „Vorm
Siebleber Thor
1212a“ stand, seine heutige Adresse
Friedrichstraße 2.
Im ehemaligen Winterpalais befand sich bis
1895 das Departement I des Herzoglichen
Staatsministeriums sowie das Statistische Bureau. Von
1891 bis
1894 war hier auch die
Landes-Brand-Versicherungsanstalt untergebracht. Der Zugang zu den Behörden
geschah vom Karolinenplatz her, da der Haupteingang offensichtlich dem
Staatsminister vorbehalten blieb. Ein weiter ständiger Bewohner war von
1880 bis
1904 der Staats- und Domänenkassendiener und
spätere Ministerialbote Adolf Heß. Im bereits erwähnten Gutachten werden in den
1880er Jahren einige Militärs als Untermieter
genannt. Es hat sich jedoch gezeigt, dass diese im „ehemaligen
Ministerialgebäude“ in der Friedrich-Jacobs-Straße 2 gewohnt haben.
Nachdem der im
80. Lebensjahr stehende Camillo von Seebach nach
mehr als
38-jähriger Dienstzeit am
27. März
1888 in den Ruhestand getreten und in die
damalige Reichsstraße gezogen war, zog sein Amtsnachfolger Gisbert von
Bonin-Brettin in der Friedrichstraße 2 ein. Bei diesem handelte es sich um den
am 6. Mai
1841 in Altenplathow bei Genthin geborenen Sohn
des späteren preußischen Finanzministers Gustav von Bonin (1797-1878).
Nach dem Besuch der Herrnhuter Anstalt zu Niesky, der Ritterakademie in
Brandenburg sowie der Gymnasien in Stendal und Posen studierte er Jura und
Kameralia in Greifswald, Heidelberg und Berlin. Da er Rittergutsbesitzer auf
Brettin bei Genthin war, gab er sich wohl selbst den Doppelnamen.
Als promovierter Jurist trat er
1865 in den preußischen Staatsdienst und war
unter anderem in der Königlichen Eisenbahndirektion sowie als Landrat in
Grevenbroich im Regierungsbezirk Düsseldorf tätig. Im Preußischen
Finanzministerium wurde er bereits nach einem Jahr
1882 zum Geheimen Finanz- und vortragender Rat
ernannt. „Im März
1888 folgte er dem Rufe des Herzogs Ernst von
Sachsen-Koburg-Gotha und trat als dirigierender Staatsminister an die Spitze des
dortigen Staatsministeriums.
1891 wurde er seinem Antrag entsprechend in den
vorläufigen Ruhestand versetzt, die Vertretung der Herzogtümer im Bundesrat ihm
aber belassen.“ Bis zu seinem Tod am
14. März
1913 blieb er der „Stimmführende Bevollmächtigte
des Herzogs von Sachsen-Coburg und Gotha im Bundesrat in Berlin“.
Der neue Staatsminister Carl Strenge (1843-1907)
blieb in der Gartenstraße
21 wohnen, die übrigens auch bereits in der
Villenreihe vorgestellt worden ist. Trotzdem fand sich für das Winterpalais auch
diesmal wieder umgehend ein Nachmieter in der Gestalt des Königlich
Württembergischen Premierleutnants im Ulanen-Regiment „König Wilhelm“ Nr.
20 und Rittergutsbesitzer Ernst Freiherr von
Reinhardt (1862-1917).
Dieser war laut Diplom vom
22. Juni
1891 „aus landesherrlicher Macht in den erblichen
Freiherrenstand Unserer Lande“ aufgenommen worden. Sein Sohn Ernst Günther muss
demnach am
20. Oktober
1892 im Winterpalais geboren sein. Doch auch
Reinhardt hielt es nicht lange in Gotha.
1895 taucht die Superintendentenwitwe Caroline
Seyfarth geb. Hellmann als neue Mieterin auf. Die
1823 in Ruhla geborene Kaufmanntochter hatte
1857 den dort als Aushilfe des Pfarrers tätigen
frisch gebackenen Dr. phil. Heinrich Seyfarth (1828-1871)
geheiratet, der schließlich
1866 Superintendent in Waltershausen wurde. Die
beiden
1858 und
1860 in Zella geborenen Töchter Martha und Marie
blieben unverheiratet und zogen
1896 ebenfalls ins Winterpalais. Dort eröffnete
Marie Seyfarth ein Pensionat, in dem übrigens auch der Architekt Richard Klepzig
von
1898 bis
1900 seine ersten Jahre in Gotha verbrachte. Ihn
kennt der Leser als Bauherrn der Villa in der Lindenauallee
22 und als Architekten einiger anderer bereits
vorgestellter Villen.
Die Seyfarth-Schwestern mussten sich
1900 nach einem anderen Domizil für ihr Pensionat
umsehen. Ihre Wahl fiel auf das „Augustenburger Palais“ in der Lindenauallee
20, das auch bereits im Buch „Villen in Gotha
(2)“ enthalten ist. Das Winterpalais wurde nämlich wieder einmal als Wohnsitz
für einen Staatsminister gebraucht. In diese Zeit fielen deshalb umfangreiche
Renovierungsarbeiten, wobei auch die Decken mit den originalen bauzeitlichen
Tapeten abgehängt und mit Stuckdecken aus „Steinpappe“ verkleidet wurden. Dabei
handelte es sich um billige, weil industriell vorgefertigte Platten aus
Pappmaché.
1900 löste der am
15. August
1852 in Luckenwalde geborene Rechtsanwalt Otto
Hentig den bisherigen,
1894 geadelten Staatsminister von Strenge ab.
Obwohl auch Hentig gleich
1901 in den Adelsstand erhoben worden war, endete
seine Tätigkeit in Gotha bereits
1905. Er arbeitete danach als Rechtsanwalt in
Berlin, wo er
24. Januar
1934 verstarb. Nach drei Staatsministern folgte
nun ein Oberhofmarschall. Der auf dem Rittergut Weilar im Kreis Eisenach
geborene Fritz von Rüxleben (1860-1923)
war von
1895 bis
1898 der persönliche Adjutant des bereits vor
seinem Vater Herzog Alfred von Sachsen-Coburg und Gotha (1844-1900)
gestorbenen Erbprinzen Alfred (1874-1899)
gewesen.
1899 wurde er Hofmarschall und schließlich
1901 Oberhofmarschall und Chef des Geheimen
Kabinetts.
Nebenbei war er auch noch der oberste Leiter des
Hoftheaters in Coburg und Gotha. Dadurch wurde sein in unmittelbarer Nähe des
Theaters gelegener Gothaer Wohnsitz wieder im wahrsten Sinne des Wortes zum
Winterpalais, denn während der Coburger Theatersaison im Sommer wohnte Rüxleben
im dortigen Schloss Eichhof. Wiederum erblickte am 8. März
1908 ein Stammhalter namens Hans Siegfried das
Licht der Welt im Gothaer Winterpalais. Noch bis
1918 wird der Oberhofmarschall im Gothaer
Adressbuch geführt. Mit der Novemberrevolution und dem damit verbundenen Ende
des Herzogtums änderte sich dies jedoch schlagartig.
Zwar blieb das Herzoglich Sachsen-Gothaische Gesamthaus
auch weiterhin Besitzer des Gebäudes, die Mieter waren jedoch von nun an kaum
noch Adlige. Im Adressbuch von
1919 werden die Witwe Berta sowie die Lehrerinnen
Margarete und Martha Arend, der Hofkammersekretär Karl Braun, der Oberleutnant
Hermann Dahlmann, der Kaufmann Adolf Pöhlmann sowie der Forstassessor Wolf von
Wangenheim genannt. Außerdem hatten hier die Generalkasse, die
Kriegsbeschädigten-Fürsorge und die Handwerkskammer ihren Sitz.
1931 werden unter der Adresse Friedrichstraße 2
das Einigungsamt für Miet- und Hypotheken-Angelegenheiten, die
Tuberkulose-Fürsorgestelle, die Thür. Landessiedlungsgesellschaft, die
Kleinsiedelungs-Gesellschaft Gotha, die Landessiedlungsgesellschaft
Sachsen-Weimar-Eisenach sowie die Kreisbücherei erwähnt. Mit der
27. SS-Motorstandarte zog
1934 auch der nationalsozialistische Zeitgeist
ins Winterpalais ein. Ihr und der
14. SS-Standarte galt am 5. Mai
1934 eine Besichtigung durch den „Reichsführer
SS“ Heinrich Himmler.
Mit dem
1937 erfolgten Einzug der Redaktion der seit
1932 erscheinenden nationalsozialistischen
Tageszeitung „Gothaer Beobachter“ ins Erdgeschoss wurde die letzte Nutzung des
Winterpalais eingeleitet. Damit im Zusammenhang stehen auch die im November
1937 im Auftrag der Bauabteilung, Außenstelle
Gotha, der Herzoglich Sachsen Coburg Gotha’schen Hauptverwaltung beantragten
baulichen Veränderungen im Erdgeschoss. Diese wurden am
21. Januar
1938 genehmigt. Daraufhin wurde die
Fassadenrustika entfernt und statt dessen glatt geputzt, der Eingangsbereich und
Balkonfenster im Obergeschoss verändert und der bis dahin vorhanden gewesene
Balkon zur Hofseite hin beseitigt.
Aus dem „Gothaer Beobachter“ wurde schließlich die
„Thüringer Gauzeitung“, die noch Anfang April
1945 den „Endsieg“ propagierte, als bereits der
amerikanische Geschützdonner in Gotha zu hören war. Gleich nach dem
Besatzungswechsel Anfang Juli
1945 wurde das Winterpalais Sitz der
Zweigniederlassung Gotha der „Thüringer Volksverlag GmbH“. Von nun an erschien
hier die kommunistische „Thüringer Volkszeitung“, die sich seit der
SED-Zwangsvereinigung im April
1946 nur noch „Thüringer Volk“ („Thüringer
Landeszeitung der SED“) und schließlich seit
1949 „Das Volk“ nannte. Gleich
1946 war auch die nach den drei Gothaer Herzögen
benannte Friedrich- in Karl-Marx-Straße umbenannt worden. Der benachbarte
Karolinenplatz überstand noch diese große Straßenumbenennungswelle. Der
80. Geburtstag Lenins war jedoch
1950 der willkommene Anlass für dessen
„feierliche“ Umbenennung.
Der Thüringer Volksverlag ließ
1948 ein Lagergebäude mit Garage nach Plänen des
Gothaer Architekten und Baumeisters Hans Pemsel anbauen sowie
1950 Betriebs- und Sozialräume zwischen dem
Papierlager und der Druckerei einbauen. Danach wurde nur noch wenig für den
Erhalt des Gebäudes getan. Deshalb zogen schon bald nach der Wende der
Jugendklub (1991) und die Tageszeitung (1992)
aus. Nach einigen ernstzunehmenden und einigen fadenscheinigen Kaufangeboten
kamen die langen Jahre des vergeblichen Wartens auf eine Spielcasinoentscheidung
zu Gunsten Gothas. Bei der am
23. April
1999 erfolgten Begehung waren alle Beteiligten
noch zuversichtlich, dass eine Sanierung und Nutzung für altersgerechtes Wohnen
noch möglich sei. Drei Jahre später scheint auch diese letzte Chance verspielt
zu sein.
Angesichts der geschilderten Geschichtsträchtigkeit
dieses Gebäudes kann es einfach nicht sein, dass solch ein Kleinod sang- und
klanglos aus dem Gothaer Stadtbild verschwindet, um eine weitere schmerzliche
Lücke in der Denkmallandschaft zu hinterlassen und womöglich sogar durch einen
gesichts- und geschichtslosen Neubau ersetzt zu werden. Es sollte deshalb
zumindest über eine Rekonstruktion der äußeren Gestalt ernstlich nachgedacht
werden.
(Matthias Wenzel)